Schmerz und Ursache
Ein Beispiel für viele Fälle
Mir tut die linke Seite weh, sagen wir unten im Kreuz.
Nun wird eine herkömmliche Suche nach einer Diagnose vielleicht sagen: „Na ja, dann wird da was nicht in Ordnung sein. Lassen Sie uns das Kreuz mal untersuchen.“
Gibt es dort einen Bruch, einen Gelenkschaden, einen Bänderriss, ein Problem mit einer Gelenkkapsel, irgendein substanzielles Problem, ein Hardwareproblem, so kann eine Diagnose gemacht werden, und wenn sie treffend ist, kann der Ursache entgegengewirkt werden. Sie muss abheilen und dann ist vielleicht alles wieder gut.
Was aber, wenn der Schmerz oder die Verspannung nicht so direkt begründet werden kann?
Oder die Diagnose einen skeptisch macht, weil sie einem ein Bisschen zu hart klingt, und der Instinkt einem klar sagt, dass man sich nicht auf schwerwiegende Maßnahmen einlassen will. Ein Bandscheibenvorfall z.B. ist häufig nicht der Auslöser für Schmerz. Der Bandscheibenvorfall kann lange existieren, bevor Schmerz auftritt. Viele Menschen mit Bandscheibenvorfällen haben keine Schmerzen. Andere ohne Bandscheibenvorfall haben starke Schmerzen.
Oder Hüftprobleme. Die Hüfte kann wehtun, bevor das Gelenk Schaden genommen hat. Auch ein beschädigtes Gelenk kann ein Leben lang seine Funktion noch befriedigend erfüllen (Feldenkrais selbst machte Judo mit kaputten Knien.).
Solche Art von Schmerzen haben oft mit muskulären Spannungen zu tun, bzw. mit einer muskulären Organisation im Körper, die bestimmte Stellen überlastet.
Eine Seite tut weh. Sie arbeitet wie ein Sklave, übernimmt alle Last. Die andere Seite ist aus der Bewusstheit verschwunden. Sie ist nicht mehr gut integriert in unser Körperbild (Das Bild, das wir von unserem Körper haben, wenn wir ihn bewegen und mit dem inneren Auge durch uns hindurchscannen). Wir spüren nicht mehr, dass sie aus verschiedenen Teilen besteht wie z.B. Rippen, Schulterblatt usw.. Sie ist vielmehr ein einheitlicher schlafender Block, der sich vielleicht gut anfühlt, mit dem man aber nicht mehr viel Differenziertes anfangen kann. Oft ist man mit der Seite beschäftigt, die wehtut.
Muskeltraining für die Schmerzseite? Nach der Feldenkrais Ansicht besser nicht.
Nicht noch mehr Übungen für die Schmerzseite machen. Der Sklave arbeitet schon genug.
Der Schläfer sollte aufgeweckt werden. Die passive Seite sollte wieder aktiviert werden, sodass sie sich an den Bewegungen selektiv/differenziert beteiligt. Sie muss zurück in die Bewusstheit geholt werden.
Mit mehr Bewusstheit im Körper, kann man mit dem Körper wieder mehr machen. Man kann ihn besser lenken. Man hat ihn mehr unter Kontrolle. Die Körperbeherrschung ist besser.
Wenn ich weiß, was ich tue, kann ich tun, was ich will. (Moshé Feldenkrais)
Trotzdem gilt: Wer akut starke unerklärliche Schmerzen hat, der sollte zuerst zu einem Arzt gehen!!